Entwicklung des Kleingartenwesens


Das Kleingartenwesen blickt auf eine lange Tradition zurück. Vorläufer der heutigen Kleingärten waren die so genannten „Armengärten“ aus der Mitte des 19. Jahrhunderts. Mit ihnen sollten Bedürftige anstelle einer „Barunterstützung“ in die Lage versetzt werden, ihren Bedarf an Gartenfrüchten selbst zu decken.
Eine weitere Wurzel der Kleingartenbewegung geht auf die Ideen des Leipziger Arztes Dr. Schreber zurück. Hier standen die körperliche Ertüchtigung und die Heranziehung der Kinder an die Natur im Vordergrund, die Dr. Schreber aus volkspädagogischen Gründen gefordert hatte. Später wurden dann die Arbeitergärten des Roten Kreuzes eingerichtet, die insbesondere auf gesundheitspolitische Gesichtspunkte zurückzuführen sind. Auch kirchliche Kleingartenkolonien wurden gegründet.
Zahlreiche Kleingartenkolonien schließlich entstanden aus Initiative der Kleingärtner selbst.


Während des 1. Weltkrieges und der darauf folgenden Zeit erlangten Kleingärten vor allem Bedeutung für die Ernährung einzelner Bevölkerungsgruppen in den Städten. In der Weltwirtschaftskrise trat die existenzsichernde Bedeutung des Kleingartens in den Vordergrund. Auf dem Höhepunkt dieser Krise wurde im Jahre 1932 durch die Verordnung des Reichspräsidenten die Bereitstellung von Kleingärten für Erwerbslose angeordnet. Gleichzeitig erhielten die Gemeinden zusätzliche Mittel für die Beschaffung und Einrichtung von Kleingartenanlagen. Unmittelbar nach dem 2. Weltkrieg wurden Kleingärten nicht nur zur Deckung des Nahrungsbedarfs, sondern auch zur Wohnraumbeschaffung genutzt. Im Laufe der Zeit hat sich die Funktion der Kleingärten gewandelt. Zum wirtschaftlichen Nutzen ist die Freizeit- und Erholungswert dazugetreten.


Die Kleingärten haben heute in unserer arbeitsteiligen Industriegesellschaft eine wichtige soziale Bedeutung. Sie stellen einen notwendigen Ausgleich zu den Mängeln im Wohnbereich und im Wohnumfeld dar und verbessern wesentlich die Lebensverhältnisse des Kleingärtners und seiner Familie.
Das gilt in ganz besonderem Maße für die Großstädte mit ihrem hohen Anteil an Mietwohnungen. Kleingärten vermitteln ein Stück Natur in den Großstädten. Nach wie vor leben viele Menschen auf unzureichender Wohnfläche in Stadtquartieren mit hoher Bevölkerungskonzentration und verhältnismäßig wenig Freiraum.
Dem berufstätigen Kleingärtner bieten die Gärten einen Ausgleich gegenüber seiner häufig einseitigen Berufstätigkeit, womit im weitesten Sinne auch die Gesundheit der Bevölkerung gefördert wird.


Kleingärten sind darüber hinaus auch ein wichtiges Element zur Durchgrünung und Auflockerung der Bebauung. Mehr Grün in den Städten verbessern ihre ökologischen Grundlagen. Des weiteren erfüllen im Städtebau die Kleingärten wichtige Ausgleichs- und Erholungsfunktionen, auch bezogen auf das städtische Klima.